Reisebericht von Anita über unsere sieben-wöchige Reise mit den Kindern durch den Oman

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Einem großen langhaarigen Blonden(Jakob), sonst fast ausschließlich in die skandinavische Einsamkeit reisenden Menschen die herzliche, chaotische, oft Menschengefüllte, Kinderliebende, von „hellhäutigen, blonden Menschen“ faszinierte arabische Welt auf eigene Faust mit eigenen kleinen Kindern schmackhaft machen? – Nicht so einfach!

Aber doch möglich:

Nachdem ich schon einige arabische Länder erkundet hatte, zuletzt in schwangerem Zustand -zwei extreme, in denen ich es mir mit kleinen Kindern nicht so recht vorstellen konnte – Jemen und Dubai- kam ich auf das Land „dazwischen“: Oman und fragte mich, ob es wohl, DIE Alternative sei. Die Frage wurde prompt durch einen Artikel in einer Zeitschrift beantwortet und weckte einen Wunsch in mir: den Oman entdecken, mit der Familie. Vier Jahre später war es dann so weit:

Sieben bezaubernde Wochen Oman. Zwei Wochen per Rad, knapp fünf Wochen mit Geländewagen.

Der Oman ist nur etwas kleiner als Deutschland, aber es leben nur knapp über 3Mio. Menschen im Lande, die Hälfte davon schon in und um die Hauptstadt herum. Bis auf Schnee hat das Land alles zu bieten, was die Herzen von Eltern und Kindern höher schlagen lässt: superschöne Strände mit Millionen von Krebsen, tolles Wasser, glückliche Delfine (im Süden), Schildkröten, Kamele, Kühen und anderen Tieren, die auch manchmal auf der Straße rum stehen, leckerstes Essen für sehr wenig Geld, faszinierende Berglandschaften mit Flüssen - auch zum Ganzkörper-Erfrischen, beeindruckende Burgen, tolle Märkte, ach sooo viele unterschiedliche Möglichkeiten, ganz tolle Menschen, tolle Routen (und günstige Mietwagen) und – den größten Sandkasten der Welt, andere nennen es Wüste, die  Rub al-Khali الربع الخال das „Leere Viertel“.  

Oman gilt auch als eines der sichersten Länder der Welt und die medizinische Versorgung ist auf einem hohen Niveau, was ja nicht ganz unwichtig ist, wenn mit den Kindern auf Reisen geht.


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Nun zum Reisebericht:

 
Dank eines richtig günstigen Angebotes sind wir am Morgen des 7.11.2007 mit Kindern, Fahrrädern, Anhängern und sämtlichem Gepäck nach einem nicht zu anstrengenden Flug in Dubai gelandet. Alle waren müde, aber dankbar, dass das Ankommen richtig schnell ging. Zu unserem Glück waren wir an einem Nebeneingang angekommen, also raus aus dem Flieger, schnelle Passkontrolle, wenige Meter zum Gepäckband und nach kurzem Warten gleich raus- auf in die Metropole. Die langweilige Straße quer durch die arabischen Emirate zur omanischen Grenze wollten wir nicht radeln, alternativ dazu haben wir uns ein paar Stunden durch diesen Wahnsinnsberufsverkehr gekämpft, um am Busbahnhof zu realisieren, dass dieser piekfeine mini- Bus uns nicht nach
Al-þain mitnehmen würde. Erstmal Hunger stillen- die Inder hatten es extra „nicht scharf“ gemacht. Für uns war es allerdings das ganze Gegenteil,  werde ich nie vergessen. Unser dreieinhalbjähriger Sohn hatte so großen Hunger, dass auch die Warnungen nichts halfen- gegessen und dann das ganze Viertel zusammengebrüllt. So wussten dann alle, dass wir hier wieder weg wollten, ein netter Pakistanischer Mitmensch hat unser Gepäck in seinen Mini-Bus gehievt und uns dann nach Al-þain gefahren, direkt vor ein Fünf-Sterne-Hotel. Die wollten uns natürlich nicht aufnehmen, hätten wir auch niemals zahlen können. Nachdem wir uns erstmal richtig doll geärgert hatten, dass wir uns nicht gleich zur Grenze haben fahren lassen, sind wir eben dahin geradelt, besser gequält. Die Passkontroll-Prozedur dauerte ne Weile, dafür gab es kurz nach der Grenze ein richtig schönes Hotel, und sogar noch leckeres Essen. Ich sank ins Bett, mal richtig lange schlafen war aber auch nicht drin, forderte der Kleine (16Monate) nach diesem Stress doch wieder sehr regelmäßig eine Stillzeit. Dafür forderte ich eine zweite Übernachtung in diesem Komfort. Dann endlich sollte es losgehen. Bis alles gepackt war, noch ein paar Besorgungen… war es Mittagszeit. Wie hatte ich diese Idee mit dem Fahrradfahren bereut- ja es war meine und ich hatte sie vehement eingefordert, um sie an diesem Tag so sehr zu bereuen. Aber nach einigen km gab es Berge, Schattenspender. Dann das Problem mit den Grenzübergängen. Die sind in diesem Gebiet teilweise weit auseinander. Wir waren im Niemandsland. Die Grenze, über die wir wollten, lässt nur die aus der Nachbarstaatengemeinschaft rüber. Also haben wir unsere Räder an bei einem Imbissbesitzer stehen lassen, sind zum für alle geltenden Grenzübergang getrampt, Stempel geholt, zurück zu den Rädern getrampt und hoffend in die geplante Richtung los geradelt. Dann kam die Dämmerung und wir fanden recht schnell eine Zeltstelle- eine der schönsten auf der ganzen Reise. Am nächsten Tag klappte alles super, die Grenzpolizisten waren einverstanden mit unserem Stempel, schenkten uns noch Wasser, Kuchen und Datteln. Endlich waren wir richtig da! Die Straßen waren anscheinend extra für uns noch bestens ausgebaut und asphaltiert.

Einen kleinen Umweg mussten wir fahren, um unsere Nahrungsvorräte aufzustocken. Da wurden wir mit den tatsächlich geltenden Öffnungszeiten konfrontiert. Mittag ist ab ca.12.00 bis ca.17.00 Uhr. Daran hält sich auch der einzige Laden im fernen Dorf. Entschädigt wurden wir durch eine Einladung in die Schule nebenan. Der ägyptische Englischlehrer zeigte uns die Schule, erklärte uns das Bildungssystem, lud uns in seine Klasse ein und diese nahm uns noch mit zum Musikunterricht. Die Schülerinnen wollten uns eine große Freude machen und „sangen“ die Lieder, die sie gelernt hatten, für uns war es schrilles Gebrüll, nach einer bis heute unvergessenen Melodie verließen wir den Raum, zeigten auf die Uhr, wir müssten weiter. Ein Einheimischer hatte den Ladenbesitzer geholt, der uns dann kurz das Nötigste in seinem Laden kaufen ließ, so dass wir weiter konnten, bevor die Abendröte die Zeltplatzsuche erstschweren würde. Von nun an fielen uns die Schulgebäude immer wieder auf. Sie sahen alle gleich aus, eine Mauer, ein kleines Gebäude, aus dem sich die Kinder täglich ihr vom Staat spendiertes Mittag in Form eines belegten Baguettebrötchens und einem Trinkpack abholten, dahinter das große, sehr gut ausgestattete Schulgebäude samt Innenhof. Die Lehrer sind (noch) vorwiegend aus dem Ausland. Bildung ist dem Sultanat sehr wichtig, so hat jede 500Seelen-Gemeinde eine eigene Schule, samt Schulbussen.

Es folgte eine längere Schotterpiste, die uns stark entschleunigte, jedoch die Landschaftszüge umso mehr genießen ließ. Wieder einmal standen wir kurz vor Ende der Piste vor einem geschlossenen Laden, machten trotzdem Pause und füllten unsere Flaschen am Wassertank vor der Moschee auf. Solche Tanks stehen vor jeder Moschee, die Laster damit sieht man regelmäßig auf den Straßen. Blecherne Trinkbecher hängen an jedem Wasserhahn. Wasser für alle. Aus dem Häuschen neben der Moschee kam der Imam SaþÍd. Er war damals noch in seiner Ausbildung zum Imam und hier in dieser kleinen Moschee, eingesetzt, um sie ein paar Monate zu leiten. Er lud uns in sein bescheidenes Häuschen zu Tee und Datteln ein. Aus dieser Begegnung wurde eine Art Freundschaft, die bis heute anhält. Später zeigte er uns noch voller Stolz seine Heimatstadt Nizwa, die Burg Jabrin, beeindruckende Höhlen und Bahla. Seine riesige Familie haben wir auch kennen lernen dürfen.

Wir fuhren weiter, waren überglücklich, diese Route genommen zu haben. Es war zwar sehr warm, aber der Fahrtwind machte es erträglich. Pause machten wir immer sehr lang- um die Mittagszeit, meist unter einem Baum. Die Kinder genossen die Zeit im Anhänger- und sobald sie draußen waren, fingen sie an zu buddeln, „Kuchen“ zu backen, mit Steinen zu spielen… was uns an den Abenden den Zeltaufbau und alles, was dazu gehört, sehr erleichterte.

Während einer Etappe bekam Jakob plötzlich Fieber, was ihn ganz schön schwächte. Um ihn zu entlasten tauschten wir die Anhänger und weiter ging es – von nun an allerdings nur noch bergauf - bergab. Anfangs fand ich das noch toll, wird man doch immer nach der Auffahrt mit einer schönen Abfahrt belohnt. Aber ich hatte nicht mit einer 6maligen Wiederholung der Prozedur gerechnet. Ab dem dritten Berg war es absolute Quälerei. Ja nicht vom Fahrrad absteigen, das Ganze schieben wäre noch viel schlimmer gewesen. Also immer wieder hoch gekämpft, oben angekommen gefuttert, am nächsten „Gipfel“ war das schon wieder verbrannt. Auf dieser Strecke begegneten uns erste westliche Gesichter, die mit ihren tollen Geländewagen unterwegs waren und glotzten. Auch wir sollten dies ein paar Wochen später tun -  aus dem Auto erschienen die Berge gar nicht so schlimm und sie lagen nach nur 10 Minuten schon wieder hinter uns. Mit dem Rad hatten wir mehrere Stunden gebraucht. Als wir mit letzten Kräften das Zelt aufgebaut hatten, hofften wir, dass wir auf dem letzten Berg schlafen (das war aus den Karten nicht so recht ersichtlich) und es am Morgen im nächsten Ort auch einen Laden, bzw. eine Wasserstelle geben würde. Wir wurden so was von belohnt! Leckeres Essen und auch noch eine reine Abfahrt- 60km in 3 Stunden, am Ende ein nettes Hotel in der ersten größeren Stadt, Ar-Rustaq. Hier schenkte uns ein Omani den Rest seines noch unangetasteten Geschäftsessens. Es war eine riesige Platte mit superleckerem Reis und Lammfleisch. Bald bemerkte ich, dass uns ein Angestellter des Hotels beobachtet, bzw. immer wieder auf die Platte schaut. Es war klar, dass der Rest weitergereicht würde. Wir achteten darauf, nicht alles durcheinander zu bringen,  also nur von einer Ecke zu essen -  und das mit der rechten Hand. Als wir fertig waren, wurde das Festmahl schnell geholt – und auf dem Weg ins Zimmer sahen wir die Angestellten beim fröhlichen Schmaus. Das Essen mit den Fingern war ein ganz besonderes Erlebnis. Für die Kinder ganz besonders! Statt täglich selbst irgendetwas zusammenzubrauen hatten wir gleich am Anfang die tollen Mini-Küchen, meist von Pakistanis geleitet, entdeckt. Das vertraute Wort „Cafeteria“ hatte uns neben dem Hunger dazu gebracht, das Essen auszuprobieren und lieben zu lernen. Also gab es sogar fast täglich Frühstück: Salate, Omelett, Brot in einem solchen Lokal und später in einem anderen Mittag: Reis, Gemüsemix, Salat, Hühnchen, pakistanisch gewürzt, also nicht wirklich scharf. In vielen dieser Lokale waren wir die ersten westlichen Besucher und DIE Attraktion, aber die Menschen waren sehr zurückhaltend, kamen nicht gleich auf uns zugestürzt, wie es in anderen arabischen Ländern der Fall gewesen wäre. Das hatte bestimmt so einige Gründe, zuletzt auch die Sprachbarriere- kaum einer konnte Englisch, mit meinen Arabisch – Brocken konnte ich mich verständlich machen, aber mit einer fremden Frau zu reden ist ungewohnt. Viele konnten neben ihrer Muttersprache Urdu oder Indisch noch nicht einmal Arabisch. Das Wort Integration hat da bestimmt noch keiner gehört. Die Menschen dürfen sein, wie sie sind, hatte ich gelesen, sie können die eigene Sprachen sprechen, sie können glauben, was sie wollen, sie bekommen auch Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt. Es klingt nach einer Heilen Welt, aber dieses Gefühl hat uns tatsächlich stets begleitet.

Nachdem der jetzige Sultan 1970 dem Regime des eigenen Vaters durch einen Staatsstreich ein Ende setzte, begann er das Land komplett zu „sanieren“. Von den Gewinnen aus dem Erdölexport sollen alle im Land profitieren und es soll nicht die Einzige Finanzquelle sein - um hier das Wichtigste ganz kurz zu fassen. Dies bringt eine ganz bestimmte Stimmung im gesamten Land hervor, deren Hauch die schwere Luft des Geldes der Emirate direkt an der Staatsgrenze verfliegen lässt.

Auf der Weiterfahrt machten wir noch Pause auf dem Fort Nakhal, ein Paradies für Groß und Klein! Ein beliebtes Ausflugsziel für alle Touristen, die es sich nicht nahmen uns auszufragen und die Kinder zu bespaßen. Ein paar Kilometer weiter hielt ein Auto vor uns an, der Fahrer, Habib sagte, wir sollen ihm folgen, er möchte uns gern zu sich einladen. So kamen wir in ein verstecktes, nettes, kleines Dörfchen. Die Familie tischte ein paar Kleinigkeiten auf und wir hatten einen schönen gemeinsamen Nachmittag. Der Herr des Hauses bat uns, bei ihnen zu übernachten, ich hätte dieses Angebot zu gern angenommen, wollte aber die sonst üblichen 2-3 Bitten abwarten. Doch Habib überzeugte ihn, nicht so zu drängen, sondern uns weiterreisen zu lassen. In der Nacht darauf hatte ich bereut, nicht auf das Angebot eingegangen zu sein. Wir hatten keinen besseren Ort zum zelten gefunden, als am Rande eines Wadis – einem (trockenen) Flussbett. Gerade in dieser Nacht zog ein gewaltiges Unwetter auf, heftiges Donnerwetter, Sturm, Regen. Erstaunlicherweise ließ es die Kinder völlig kalt, sie schliefen tief und fest. Jakob und ich rannten raus und suchten alle möglichen großen Steine zusammen, um das Zelt zu stabilisieren. Es funktionierte recht gut. Geschlafen habe ich trotzdem nicht mehr. Am nächsten Morgen sahen wir dann, dass wir wohl richtig Glück gehabt hatten- so waren wenige km von unserer Zeltstelle riesige Pfützen zu sehen. Anscheinend hatte es die Regenwolke nicht zu unserem Wadi geschafft.

Trotz der Nacht haben wir es am Folgetag noch bis zu Hauptstadt Maskat/Masqa geschafft und uns ein gutes Mittagsmahl gegönnt. Erst da ist uns bewusst geworden, dass wir noch eine ganz schön lange Strecke vor uns haben. Die Stadt zieht sich an der Küste entlang und die erschwinglichen Hotels sind am anderen Ende. Also einmal durch diesen chaotischen Verkehr. Die letzten Kilometer waren nur noch Quälerei, alle Nerven lagen blank, Klein-Malte hatte genug von allem und war außer sich vor Wut. Zur Krönung gab es noch einen nicht enden wollenden Anstieg. Dann endlich ein wunderschöner Blick auf das Meer und die Hotels waren auch nicht mehr weit. Zum Glück bekamen wir recht schnell ein Zimmer und konnten erst mal zur Ruhe kommen.

Über ein Forum hatten wir Kontakt zu einem Briten, bei dem wir unsere Radausrüsten für die kommenden vier Wochen unterbringen konnten. Er gab uns die Nummer einer lokalen Autovermietung, sie machten uns ein super Angebot und kurz darauf konnten wir unseren nagelneuen Toyota Landcruiser Prado abholen. Jakob hatte zwei Tage vor Abreise zum Glück die Fahrprüfung bestanden und ganz frisch den Führerschein bekommen. Die Meisten Autovermietungen verleihen in diesem Fall nur Kleinwagen, dieser Vermieter meinte, das sei nur wegen der Versicherung- aber da guckt bestimmt keiner drauf, gab uns den Schlüssel und wünschte eine Gute Reise. Ich hatte schon lange den Führerschein, konnte mich allerdings nie wirklich fürs Autofahren begeistern. Wir hatten die absolute Rush-Hour erwischt und Jakob konnte sein Können und seine Nerven gleich mal aufs Extreme testen.

Drei Tage Großstadt haben uns gereicht, wir fuhren gen Süden. Auf abenteuerlichen Pisten und perfekt ausgebauten Straßen an kleinen Dörfern vorbei. Einige Wochen zuvor wurde das Land von einem heftigen Unwetter heimgesucht, die Folgen waren in den ländlichen Gegenden noch deutlich zu sehen: verwüstete Häuser und Landstriche, liegen gebliebene LKWs, kaputte Straßen etc.


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Wir schlenderten durch Sindbads Stadt Sur, besuchten den Schildkröten-Strand bei Ras al-Hadd mit seinem beeindruckenden Fels-Küstenstreifen, waren an einem Freitag eine Familie von vielen, die durch das Wadi Bani Kahlid wanderten und schnupperten erste Wüstenluft in der Wüste Wahiba Sands. Bevor wir durch die unendliche Steppenlandschaft düsten. Einen Abstecher vor Salalah machen wir noch- in das Wadi Shuwaymiyah.

 

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Der Reisebericht wird bald vervollständigt!!!!

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